Anfang November fand in Zürich die alljährliche TDWI Konferenz Schweiz statt. Sie ist etwas kleiner als die Schwester in München, aber man kommt dadurch besonders gut in den Austausch mit anderen Anwendern und verliert sich auch nicht aus den Augen. Eine Plattform des Austauschs bieten beispielsweise die interaktiven World Cafés. So hatte ich das Glück das spannende Thema “Hat das BI Competence Center ausgedient?” am Tisch zu moderieren. Ein Business Intelligence Competence Center (BICC) soll (grob formuliert) eigentlich dazu dienen, zentral Projekte und Aufgaben im Bereich Business Intelligence zu koordinieren. Ich erwartete eine breite Diskussion und wurde keineswegs enttäuscht. Der Tisch war sehr gut besucht und die Teilnehmer repräsentierten dann in der Diskussion ein breites Spektrum.
Eingangs diskutierten wir ganz provokativ, ob sich der Name und das BICC überholt habe. BI sei schließlich in der Wahrnehmung im Markt ein ausgedientes Thema. Dieser These kann ich mich wirklich nicht anschließen. Auch die Diskussion ergab dann einstimmig, dass die Aufgaben des BICC wie Data Governance (Data Catalogue, Data Quality, Master Data Management, …), Standardisierung, zentrale Datenbereitstellung, Entscheidung über Use Cases und der Bedarf an Bereitstellung eines zentralen Know-Hows absolut vital sind. Lediglich die Umsetzung von konkreten Fachbereichsanforderungen scheint sich beispielsweise durch Self Service zu verändern.
Ein Teilnehmer berichtete, dass man das BICC gar nicht mehr braucht und man das BICC in seiner Organisation komplett aufgelöst habe. Dennoch war das Thema Standards und Leitplanken auch nach seiner Meinung noch wichtig, so dass man die zu koordinierenden zentralen Themen in sogenannten Chapters (Chapter Frontend, Chapter Datenqualität usw.) definiert, und die eigentliche Arbeit dann immer direkt im Fachbereich stattfindet, also keine Trennung mehr in der Umsetzung zu spüren ist. Auch existieren konkrete Verantwortlichkeiten für bestimmte Datenbereiche und damit auch eine fachliche Hoheit analog zu den Data Stewards. Die Organisation findet also in einer Art Matrix statt. Nach 1,5 Jahren Erfahrung zeigte sich aus seiner Sicht deutlich eine größere Nähe zum internen Kunden und mehr Zufriedenheit auf beiden Seiten, denn das Verständnis für die Herausforderungen des anderen sind durch mehr Nähe gegeben. Insgesamt ist das eine Bewegung, die man auch im Markt deutlich spürt: die Umsetzung (vormals IT) wandert immer näher an die Fachbereiche und sichert somit höhere Anforderungsnähe und Zufriedenheit.
Ein anderer Teilnehmer berichtete, dass das BICC nach wie vor existiert, sich aber eigentlich nur noch um die zentrale Datenbasis – das Enterprise Data Warehouse kümmert – die Umsetzung in Frontends usw. findet bei den eigentlichen Fachanwendern statt, denn Werkzeuge wie Power BI (das wurde mehrfach konkret benannt) ermöglichen es den Fachbereichen, ihre Anforderungen selbst umzusetzen. Dabei ist es aus seiner Sicht wichtig agiler zu entwickeln und höhere Geschwindigkeiten zu haben, aber eben auch datenseitig einen Single-Point-of-Truth zu schaffen und gemeinsam Standards zu setzen.
Schlussendlich wurde auch sehr zufrieden von einem zentralen BICC mit den klassischen Rollen berichtet. So wurden noch zentral Anforderungen aufgenommen und aufbereitet sowie anschließend umsetzt. Somit stellt das BICC als starker zentraler Dienstleister mit zentral definierten Rollen nach wie vor Zufriedenheit im Fachbereich sicher, hier aber deutlich mit dem Thema Standardreporting im Vordergrund. Es waren also alle Positionen dabei.
Hier ein Bildbericht:

Abgerundet hat diesen Eindruck dann noch der Vortrag von Herrn Scheller und Herrn Dr. Brabec (Helsana), die über die erfolgreiche Veränderung des BICC auf dem Web zur Agilität berichteten. Hier wurden auch noch einmal Konzepte wie Scrum für größere Entwicklungen und Kanban für die Transformation beschrieben. Eine gelungene Darstellung mit Hürden und Erfolgen und sogar einer entsprechenden Umfrage, die Auswirkungen der Veränderungen belegte.
Im Ergebnis muss man festhalten, dass es kein Konzept gibt welches nach Schema F den Erfolg in jeder Organisation sichert, sondern je nach Ausgangslage passende organisatorische Strukturen geschaffen werden müssen. Agilität war als Thema spürbar und auch der Wunsch, die Grenzen zwischen IT und Fachbereich so zu gestalten, dass ein echter und zielführender Dialog mit mehr Zufriedenheit auf allen Seiten möglich wird.
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